Ratgeber

Wir bieten Ihnen folgende

Ratgeber

I. Vorgehensweise vor beabsichtigtem Ausspruch einer Kündigung

Das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren ist aufgrund der Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes für den Arbeitgeber mit schwer überschaubaren Prozessrisiken und insbesondere Verzugslohnrisiken verbunden. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sollte möglichst gut vorbereitet sein. Es ist daher erforderlich, Ihnen folgende Informationen/Ratschläge zu erteilen:

1. „Alte“ Rechtslage

Die sogenannte „alte“ Rechtslage betrifft Arbeitsverhältnisse, die vor dem 31.12.2003 begründet wurden. Danach haben Arbeitnehmer nur dann Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, wobei Teilzeitbeschäftigte je nach Anzahl der von Ihnen zu leistenden Wochenstunden nur anteilsmäßig berücksichtigt werden. Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mindestens 6 Monate bestand.

2. „Neue“ Rechtslage

Nach „neuer“ Rechtslage haben Arbeitnehmer erst dann  Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch hier sind Teilzeitbeschäftigte je nach Wochenstundenzahl anteilsmäßig zu berücksichtigen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist auch hier das Bestehen des Arbeitsverhältnisses von zumindest 6 Monaten zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

3. Betriebsbedingte Kündigung

Grundsätzlich sind 3 Arten von ordentlichen Kündigungen zu unterscheiden: die betriebsbedingte, verhaltensbedingte und personenbedingte (krankheitsbedingte) Kündigung. Hauptanwendungsfall in der Praxis ist die betriebsbedingte Kündigung. Im Streitfalle müssen Sie bei dieser Art der Kündigung darlegen und nachweisen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers aufgrund innerbetrieblicher oder außerbetrieblicher Umstände ersatzlos weggefallen ist und kein anderweitiger freier vergleichbarer Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung steht. Weiter müssen Sie beweisen, dass eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde und dass der Betriebsrat – sofern ein solcher im Betrieb existiert – ordnungsgemäß angehört wurde. Ob der Betriebsrat einer Kündigung zustimmt oder widerspricht, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass das Anhörungsverfahren korrekt durchgeführt wurde.

In vielen Fällen ist es sinnvoll, vor Ausspruch der Kündigung durch betriebliche Umstrukturierungen den Beweis für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes zu erleichtern. Einzelheiten hierzu sollten Sie mit dem Rechtsanwalt ihres Vertrauens, sinnvollerweise einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, im Vorfeld besprechen.

4. Verhaltensbedingte Kündigung

Die sogenannte verhaltensbedingte Kündigung setzt außer einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers grundsätzlich voraus, dass der Arbeitnehmer eine einschlägige Abmahnung erhalten hat. Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist eine Abmahnung bei Störungen im Verhaltensbereich, als auch im Leistungsbereich grundsätzlich erforderlich, sofern mit einer Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den Vertragsparteien gerechnet werden kann und nicht ein besonders schwerwiegender Vertragsverstoß vorliegt. Der Arbeitgeber ist im Streitfall beweispflichtig für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes und den Ausspruch einer etwa erforderlichen Abmahnung. Ich empfehle deshalb, vor Ausspruch der Kündigung, spätestens aber unverzüglich nach Erhalt einer etwaigen Kündigungsschutzklage einen Gesprächstermin mit dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu vereinbaren, damit die bestehenden Risiken rechtzeitig eingeschätzt werden können.

5. Krankheitsbedingte Kündigung

Die krankheitsbedingte Kündigung gibt es in 3 Fallgruppen und zwar die Kündigung wegen einer langanhaltenden Krankheit, die Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen sowie die Kündigung wegen krankheitsbedingter Minderung der Leistungsfähigkeit, bzw. dauernde Leistungsunfähigkeit. Allen 3 Fallgruppen ist gemeinsam, dass die Überprüfung in 3 Stufen zu erfolgen hat:

  • Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung müssen Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis auch eines künftig schlechten Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers rechtfertigen (sogenannte negative Zukunftsprognose).
  • Der in die Zukunft prognostizierte Gesundheitszustand des Arbeitnehmers muss zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.
  • Die Interessenabwägung muss ergeben, dass die Beeinträchtigungen dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles nicht mehr zumutbar sind.

Maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Rechtmäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung sind stets die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung.

6. Fristlose Kündigung

Neben den oben genannten Formen der ordentlichen Kündigung ist in Ausnahmefällen eine außerordentliche, sogenannte fristlose Kündigung möglich. Eine fristlose Kündigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes grundsätzlich nur dann möglich, wenn ein schuldhafter schwerwiegender Vertragsverstoß des Arbeitnehmers vorliegt und dem Arbeitgeber infolgedessen nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen. Darüber hinaus kann eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

7. Schriftform

Beachten Sie bitte, dass eine Kündigung gem. § 623 BGB der Schriftform bedarf. Mündliche Kündigungen sind unwirksam. Des Weiteren sollte die Kündigung immer von dem Inhaber/Geschäftsführer persönlich unterzeichnet sein.

Sofern lediglich ein Vertreter unterzeichnet, kann der Arbeitnehmer die Kündigung unverzüglich, d.h. binnen 3 bis 5 Tagen aus diesem Grunde zurückweisen. Die Kündigung wäre dann unwirksam und müsste neu ausgesprochen werden.

8. Zugang der Kündigung

Der Arbeitgeber ist für den Zugang der Kündigung beweispflichtig Sofern der Arbeitnehmer in der Nähe wohnt, empfehle ich Einwurf des Kündigungsschreibens in dessen Hausbriefkasten durch einen Boten, der den Einwurf als Zeuge bestätigen kann.

Geschäftsführer/Betriebsinhaber kommen als Zeugen nicht in Betracht.

Anderenfalls empfehle ich Versendung der Kündigung mittels Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben/Rückschein.

II. Ausspruch einer Abmahnung

Sofern Sie beabsichtigen, einem Arbeitnehmer wegen eines Fehlverhaltens oder als Vorstufe einer späteren verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung auszusprechen, sind folgende Grundsätze zu beachten:

  1. Aus Gründen der besseren Beweisbarkeit sollte Ausspruch der Abmahnung schriftlich erfolgen.
  2. Im Abmahnungsschreiben muss das gerügte Fehlverhalten möglichst substantiiert und konkret nach Art, Zeit und Umfang dargestellt werden, sogenannte Hinweisfunktion.
  3. Des weiteren muss für den Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfalle gefährdet ist, sogenannte Warnfunktion.

Die Bedeutung einer Abmahnung sollte nicht unterschätzt werden, da eine einschlägige Abmahnung Grundvoraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung sein kann.

Gelnhausen, im Februar 2004
aktualisiert im Januar 2014
Rechtsanwalt Jürgen Scherer

I. Vorgehensweise nach Erhalt einer Kündigung

Das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren ist komplex und im Übrigen geprägt von taktischen Vorgehensweisen beider Parteien. Es ist daher erforderlich, Ihnen folgende Informationen/Ratschläge zu erteilen:

1. Zugang einer Kündigung

Nach Erhalt einer Kündigung durch Ihren Arbeitgeber sollten Sie sich umgehend in qualifizierte rechtliche Beratung begeben und einen Besprechungstermin bei dem Rechtsanwalt ihres Vertrauens, vorzugsweise einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, vereinbaren. Dies muss zeitnah geschehen, weil gem. § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) binnen 3 Wochen seit Zugang einer Kündigung bei dem Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage bei dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht eingereicht sein muss. Anderenfalls wird die Rechtswirksamkeit der Kündigung fingiert. Dies mit der Folge, dass Chancen auf eine Weiterbeschäftigung oder Abfindungszahlung vertan wären.

Nach statistischen Erhebungen ist der allergrößte Teil der ausgesprochenen betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder krankheitsbedingten Kündigungen rechtsunwirksam und verstößt gegen die Arbeitnehmer-Schutzvorschriften des Kündigungsschutzgesetzes. Voraussetzung ist die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Dies findet bei Arbeitsverhältnissen, die vor dem 01.01.2004 begründet wurden, grundsätzlich dann Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung mindestens 6 Monate besteht und der Arbeitgeber mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt. Sollte Ihr Arbeitsverhältnis nach dem 01.01.2004 begonnen haben, muss für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich 6 Monate bestanden haben, bei einer Mindestbeschäftigtenzahl Ihres Arbeitgebers von 10 Arbeitnehmern. Einzelheiten hierzu müssen Sie mit Ihrem Prozessbevollmächtigten besprechen.

2. Kündigungsschutzklage

Nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage wird das zuständige Arbeitsgericht einen sogenannten Güteverhandlungstermin festlegen. In der Güteverhandlung soll das Gericht darauf hinwirken, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. In Betracht kommt eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber oder eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungszeitpunkt gegen Zahlung einer zu verhandelnden Abfindung. Sie müssen dann persönlich zum Verhandlungstermin erscheinen, wenn das Gericht dies angeordnet hat. In der Güteverhandlung besteht die Möglichkeit, jederzeit zu unterbrechen, um etwaige Verhandlungsvorschläge des Gerichtes zu besprechen. Sofern die Güteverhandlung scheitert, wird das Kündigungsschutzverfahren fortgesetzt und Kammertermin bestimmt.

Im Arbeitsgerichtsprozess trägt der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, eine richtig getroffene Sozialauswahl sowie eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, sofern ein Betriebsrat im Unternehmen besteht.

3. Abwicklungsvereinbarungen/Ausgleichsquittungen

Sollte sich Ihr Arbeitgeber mit Ihnen nach Ausspruch einer Kündigung direkt in Verbindung setzen und Ihnen „gut gemeinte“ Vorschläge unterbreiten, rate ich dringend:

Geben Sie keine Zusagen, bevor Sie nicht mit Ihrem Rechtsanwalt Rücksprache genommen haben. Wenn Sie voreilig mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vereinbaren, kann dies ungeahnte steuerrechtliche Konsequenzen haben oder Ruhens-/Sperrzeiten seitens des Arbeitsamtes nach sich ziehen.

Unterschreiben Sie nichts, dessen Inhalt Ihnen auch nur im Geringsten unklar sein könnte. Sie sind grundsätzlich nicht verpflichtet, irgendetwas zu unterzeichnen. Unterschreiben Sie insbesondere keine sogenannten Ausgleichsquittungen. Arbeitgeber legen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oft sogenannte Ausgleichsquittungen vor, wonach der Arbeitnehmer unterzeichnen soll, dass er sämtliche Arbeitspapiere etc. erhalten hat. Oftmals sind in diesen Ausgleichsquittungen – versteckt – Regelungen enthalten, wonach der Unterzeichnende auf sämtliche weiteren Ansprüche, insbesondere die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Deshalb dürfen solche Erklärungen nicht unterzeichnet werden. Der Arbeitgeber hat generell keinen Rechtsanspruch auf Unterzeichnung von sogenannten Ausgleichsquittungen.

4. Meldung beim Arbeitsamt

Gemäß § 37 SGB III müssen Sie sich sofort nach Kenntnis von der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses, also in der Regel nach Erhalt der Kündigung, bei Ihrem örtlichen Arbeitsamt arbeitslos/arbeitssuchend melden. Sofern eine unverzügliche Meldung nicht erfolgt, ist das Arbeitsamt berechtigt, Abzüge vom Arbeitslosengeld vorzunehmen. Des Weiteren wird Arbeitslosengeld frühestens ab dem Tag der entsprechenden Meldung bei dem Arbeitsamt bewilligt. Eine rückwirkende Bewilligung von Arbeitslosengeld kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

Sollte Ihnen das Arbeitsamt aus irgendwelchen Gründen sogenannte Sperrzeiten oder Ruhenszeiten auferlegen und Ihnen einen entsprechenden Bescheid zukommen lassen, sollten Sie diesen unverzüglich Ihrem Rechtsanwalt vorlegen. Der Bescheid muss dann auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft und erforderlichenfalls Widerspruch eingelegt werden. Die Widerspruchsfrist beträgt nur einen Monat nach Zugang des Bescheides bei Ihnen

II. Abmahnungen

Sollten Sie von Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung erhalten haben, ist es ratsam, diese auf ihre Rechtswirksamkeit zu überprüfen. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung den Arbeitnehmer einschlägig abgemahnt haben, anderenfalls fehlt es der Kündigung an einer Wirksamkeitsvoraussetzung. Ausgenommen sind schwerwiegende Vertragsverstöße des Arbeitnehmers, wie beispielsweise Diebstahlsdelikte.

Nach einer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes muss eine Abmahnung inhaltlich klar gefasst sein und das abgemahnte Fehlverhalten in Einzelheiten beschreiben. Des Weiteren muss dem Arbeitnehmer klar vor Augen geführt werden, dass ein erneutes gleichartiges Fehlverhalten zu einer Kündigung führen kann. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, der sogenannten Androhungs- und Warnfunktion, ist die Abmahnung bereits formell unwirksam. Des Weiteren kann die Abmahnung materiell unwirksam sein, wenn das dort behauptete Fehlverhalten unzutreffend ist. Die Beweislast für die formelle und materielle Rechtswirksamkeit einer Abmahnung trägt der Arbeitgeber. Eine unzutreffende Abmahnung sollte keinesfalls stillschweigend akzeptiert werden. In Betracht kommt eine schriftliche Gegendarstellung/Richtigstellung zur Abmahnung, welche der Arbeitgeber in Ihre Personalakte aufnehmen muss. In Ausnahmefällen kann es auch erforderlich sein, Klage auf Rücknahme der Abmahnung und Entfernung aus Ihrer Personalakte zu erheben. Einzelheiten hierzu sollten Sie mit Ihrem Rechtsanwalt besprechen.

III. Zeugnis

Sie haben während des bestehenden Arbeitsverhältnisses einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Von dieser Möglichkeit sollte beispielsweise Gebrauch gemacht werden, wenn der Vorgesetzte wechselt oder wenn man in eine andere Abteilung/Dienststelle versetzt wird. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat jeder Arbeitnehmer grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines sogenannten qualifizierten Zeugnisses. Dieses Zeugnis muss eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung enthalten sowie eine Beurteilung Ihrer Leistung und Führung während Ihrer Beschäftigungszeit. Wie allgemein bekannt ist, existiert eine sogenannte „Zeugnissprache“. Möglicherweise enthält Ihr Zeugnis versteckte Klauseln, die als solche nicht erkennbar sind und eine negative Führung oder Leistung zum Ausdruck bringen. Bei Vorlage eines solchen Arbeitszeugnisses im Rahmen von Bewerbungen wären Ihre Aussichten auf einen neuen Arbeitsplatz denkbar gering, so dass es sich empfiehlt, ein Zeugnis nach Erhalt rechtlich überprüfen zu lassen.

Gelnhausen, im Februar 2004
aktualisiert im Januar 2014
Rechtsanwalt Jürgen Scherer

Vorwort zum Ratgeber für Mietrecht

Schlägt man im Palandt, einem Standardkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch den Begriff „Mietverhältnis“ nach, so erhält man folgende Erklärung: „Mietverhältnis ist das vertragliche Rechts(Schuld)verhältnis zwischen Vermieter und Mieter, das auf Gebrauchsgewährung gegen Entgelt die Miete gerichtet ist“ (BGH NJW 98, 595; Palandt Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, Einführung vor § 535 Rndnr. 1).

Das Mietrecht ist jedoch mehr als vorgenannte Definition. Es setzt sich insbesondere mit zwei Parteien auseinander. Rechte und Pflichten des Vermieters sowie Rechte und Pflichten des Mieters. Hauptquelle des Mietrechts ist das Bürgerliche Gesetzbuch. Hierin finden sich insbesondere Schutznormen für Wohnungsmieter. Daneben gibt es weitere Gesetze und Verordnungen, welche die verschiedenen Teilbereiche des Mietverhältnisses rechtlich ausgestalten, so beispielsweise die Kostenverordnung, die Heizkostenverordnung u. ä.

In der Kanzlei Dr. Hamm & Scherer betreue ich, Rechtsanwalt Steffen Heß maßgeblich das Dezernat Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht. Bereits seit 2009 bin ich in der Kanzlei Dr. Hamm & Scherer als Rechtsanwalt tätig und mittlerweile Partner der Kanzlei. Zudem bin ich Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und verfüge daher über besondere Fachkenntnisse in diesen Rechtsgebieten. Weiter bin ich Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV). Selbstverständlich nehme ich regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teil, um meine Fachkenntnisse entsprechend zu aktualisieren und zu erweitern. Ich stehe Ihnen daher gerne mit rechtlichem Rat und Tat zur Seite! Bitte vereinbaren Sie einen Termin.

Unsere Mitarbeiterinnen, bei denen es sich ausschließlich um qualifizierte Fachkräfte handelt, sind Ihnen bei Fragen gerne behilflich.

Sie finden unsere Kanzlei im Zentrum von Gelnhausen, direkt am Ziegelturm. Termine bitten wir telefonisch oder vor Ort zu vereinbaren. Sie erreichen uns wie folgt:

Dr. Hamm & Scherer, Am Ziegelturm 11a, 63571 Gelnhausen

Telefon: +49 (0) 6051 – 88 90 90, Telefax: +49 (0) 6051 – 88 90 9-29

E-Mail: info@hamm-scherer.de

Internet: www.hamm-scherer.de

Bitte beachten Sie:

Dieser Leitfaden soll einen kurzen Abriss und eine kurze Einführung in wichtige Bereiche des Mietrechtes liefern. Er erhebt mit seinen Tipps und Verhaltensweisen keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt eine qualifizierte Rechtsberatung nicht. Eine ausführliche Rechtsberatung erhalten Sie in unserer Kanzlei nach Terminsabsprache. Da das Mietrecht über viele kleine und große Stolperfallen verfügt, empfiehlt es sich, unabhängig davon, ob Sie Vermieter oder Mieter sind, frühzeitig eine anwaltliche Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, damit bereits im Vorfeld Fehler vermieden werden.

1. Grundsätzliches

Die § 535 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regeln Rechte und Pflichten rund um das Mietverhältnis. Neben den Rechtspositionen Vermieter und Mieter sind vor allem die Bereiche Wohnraummiete und Gewerberaummiete zu unterscheiden.

Von Wohnraummiete spricht man dann, wenn Räume (Einzelräume oder Wohnungen) gegen Entgelt zum Zwecke des privaten Aufenthaltes des Mieters selbst und / oder seiner nächsten Angehörigen aufgrund schuldrechtlichen Vertrages unbefristet oder auf Zeit überlassen werden. (Reinstorf in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., I RZ 76).

Hiervon abzugrenzen ist die Gewerberaummiete. Diese liegt vor, wenn Grundstücke und / oder Gebäude bzw. Räume gegen Entgelt zu anderen als Wohnzwecken aufgrund schuldrechtlichen Vertrages unbefristet und auf Zeit überlassen werden. (OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 458)

Daneben gibt es das sog. Untermietverhältnis. Dieses ist im Grundsatz in § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelt. Danach darf der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten nicht überlassen. Dies gilt jedoch nicht per se. Hier sind wichtige Ausnahmen zu beachten, die in einer juristischen Beratung thematisiert werden sollten.

2. Zustandekommen des Mietvertrages

Ein Mietvertrag entsteht, wenn die in § 535 BGB geregelten Esentialia festgestellt werden können. Dies ist der Fall, wenn einer Einigung über die Mietvertragsparteien das Mietobjekt und die Miete zumindest in einer Weise vorliegen, dass sie bestimmbar sind. Das bedeutet, dass aus dem Mietvertrag klar hervorgehen muss, wer, was, von wem, ab wann und zu welchen Konditionen gemietet hat. Hier können sog. Formularmietverträge genutzt werden, wobei diese grds. den konkreten Bedürfnissen angepasst werden sollten. Ein Mietvertrag ist grundsätzlich formfrei wirksam. Ein Mietvertrag bedarf nur dann der Schriftform, wenn er für eine bestimmte Zeit, die länger als 1 Jahr sein soll, fest abgeschlossen werden soll. Grds. empfiehlt sich die Schriftform jedoch immer.

3. Gewährleistungsrechte

Damit Mieter überhaupt Gewährleistungsansprüche ausüben können, muss dem Vermieter der Mangel grundsätzlich angezeigt werden (Mängelanzeige gem. § 536 c BGB). Ansonsten droht der Verlust etwaiger Gewährleistungsansprüche. Der Mieter hat hierbei grundsätzlich die Pflicht jeden schlechten Zustand der Mietsache dem Vermieter anzuzeigen.

In der Regel wird der Vermieter im Rahmen der Mängelanzeige zur Beseitigung des Mangels aufzufordern sein. Nur wenn der Vermieter seiner Verpflichtung hierzu nicht nachkommt, stehen dem Mieter verschiedene Gewährleistungsrechte zur Verfügung.

Das wohl am häufigsten genutzte Gewährleistungsrecht bei Mängeln des Mietobjektes ist die Minderung der Miete. Hierbei ist zu beachten, dass diese sich an der jeweiligen Gebrauchsbeeinträchtigung des Mietobjektes zu orientieren hat.

Da es insbesondere hinsichtlich der Minderungssätze umfangreiche Rechtsprechung gibt, ist es zwingend erforderlich, den jeweiligen Einzelfall zu betrachten, um den jeweils angemessenen Minderungssatz annehmen zu können. Wird die Minderung der Miete zu großzügig vorgenommen, besteht die Gefahr einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Zahlungsverzuges.

Zudem ist nicht jede Beeinträchtigung, die ein Mieter als „Mangel“ empfindet, auch ein Mangel im Rechtssinn. Bevor mal also als Mieter den Mietzins mindert empfiehlt es sich eine ausführliche rechtliche Beratung einzuholen.

4. Mietzahlungspflicht des Mieters

Die Hauptpflicht des Mieters besteht darin, gemäß § 535 Abs. 2 BGB die monatliche Miete als vereinbarte Gegenleistung des Mieters für die Überlassung und Erhaltung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch durch den Vermieter zu zahlen. Hier sind verschiedene Gestaltungen zu unterscheiden.

Bei der Bruttomiete (auch Teilinklusivmiete genannt) werden alle Leistungen des Vermieters von dem vereinbarten Betrag erfasst. Bei der Grundmiete (auch Nettomiete genannt) fallen zusätzlich Zahlungen auf Betriebskosten (Vorauszahlungen oder Pauschale) an, wobei es sich regelmäßig um die Betriebskosten des § 1 Betriebskostenverordnung handelt. Bei einer Teilinklusivmiete sind einige Betriebskostenpositionen in der Grundmiete enthalten, andere wiederum nicht. Welche Form der Miete vereinbart ist, ist nicht immer eindeutig und sollte daher rechtlich überprüft werden.

5. Mieterhöhung bei Wohnraummietverträgen

Grundsätzlich gilt, dass die Parteien eines Mietvertrages gemäß § 557 Abs. 1 BGB jederzeit eine Mieterhöhung vereinbaren können. Auch eine entsprechende stillschweigende Einigung ist möglich. Grundlage hierfür ist die Vertragsfreiheit.

Häufig trifft man in Mietverträgen auf sog. Staffel- oder Indexmieten.

Die Miete kann bei der Staffelmiete für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden. In der Vereinbarung muss die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag ausgewiesen sein.

Dem gegenüber können die Vertragsparteien schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den vom statistischen Bundesamt ermittelnden Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt wird (Indexmiete).

6. Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete

Gemäß § 558 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens 1 Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Die Mieterhöhungserklärung ist grundsätzlich schriftlich an den Mieter zu richten, wobei hier diverse Form- und Begründungsvoraussetzungen zu beachten sind, um im Ergebnis auch zu einer wirksamen Mieterhöhung zu gelangen.

Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vereinbart wurden. Bei der Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete ist jedoch eine sog. Kappungsgrenze zu berücksichtigen, wonach innerhalb bestimmter Zeiträume nur eine bestimmte prozentuale Erhöhung zulässig ist.

Zur Ermittlung der konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete ist u.a. auf sog. Mietspiegel zurückzugreifen oder auch auf die Benennung von Vergleichwohnungen. Auch hier beraten wir Sie gerne.

7. Mieterhöhung nach Modernisierung

Die §§ 559 ff. BGB regeln die Möglichkeit der Mieterhöhung nach Modernisierung. Insbesondere im Hinblick auf die energetische Sanierung von Immobilien, welche im Zuge des Energiewandels und der Energieersparnis von immer größerer Bedeutung wird, gewinnt diese Möglichkeit der Mieterhöhung an Bedeutung.

Wichtige Voraussetzung dieser Möglichkeit der Mieterhöhung ist, dass der Vermieter selbst Bauherr der Maßnahme war.

Was bauliche Maßnahmen sind, ist im Gesetz geregelt. Bloße Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen stellen keine bauliche Maßnahme im Sinne des Gesetzes dar und können damit nicht als Grundlage einer Erhöhung dienen.

Der Vermieter kann nach dem Gesetzeswortlaut eine Erhöhung der jährlichen Miete um 11% der für die Wohnung aufgewandten Kosten verlangen. Zu ermitteln sind deshalb zum einen die jährliche Miete und zum anderen die auf die Wohnung entfallenden Kosten.

8. Betriebskosten

Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 Betriebskostenverordnung sind Betriebskosten die Kosten, die dem Eigentümer [……] durch das Eigentum [……] am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers [……] dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers angesetzt werden könnte; die Umsatzsteuer des Dritten darf nicht angesetzt werden.

Die Abrechnung der Betriebskosten oder Nebenkosten ist immer wieder Gegenstand von mietrechtlichen Streitigkeiten. Von Vermieterseite werden oft Betriebskostenabrechnungen erstellt, welche nicht den Voraussetzungen an Form und Inhalt genügen. So muss eine Betriebskostenabrechnung unter anderem den genauen Verteilungsschlüssel, die geleisteten Vorauszahlungen, die angefallenen Gesamtkosten sowie die auf die jeweilige Mietwohnung entfallenden Einzelkosten nachvollziehbar enthalten.

Auch führen der sog. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und einzuhaltende Fristen bei der Abrechnung  immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen den Mietparteien, welche es im Einzelfall erforderlich machen, Betriebskostenabrechnungen fachkundig überprüfen zu lassen.

9. Mietsicherheit

Gemäß § 551 BGB hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten. Hier ist die sog. Kaution gemeint. Die Kaution kann z.B. als Barkaution, oder auch als Bürgschaft geleistet werden. Zu beachten ist, dass die Kaution höchstens das 3-fache der auf einen Monat entfallenden Nettomiete betragen darf. Daneben ist der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, eine Geldkaution in drei gleichen monatlichen Teilzahlungen an den Vermieter zu entrichten. Der Vermieter seinerseits ist verpflichtet die ihm zur Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Gelditinstitut zu dem für Spareinlagen üblichen Zinssatz anzulegen.

10. befristete Verträge

Zu beachten ist, dass nach der Mietrechtsmodernisierung die einfache Befristung von Wohnraummietverträgen, d. h. ohne Angaben von Befristungsgründen abgeschafft wurde. In diesem Fall wird in der Regel ein unbefristeter Mietvertrag fingiert. Der qualifizierte befristete Mietvertrag (also mit einer der zugelassenen Befristungsgründe aus § 575 BGB) ist auch für mehrere Jahre möglich. Zu beachten ist, dass einer der wirksamen Befristungsgründe grds. bereits bei Mietvertragsbeginn schriftlich mitgeteilt werden muss.

11. Kündigung des Mietverhältnisses

Der Mieter von Wohnraum genießt grundsätzlich umfassenden Kündigungsschutz. Deshalb kann der Vermieter eine wirksame Kündigung regelmäßig nur aussprechen, wenn er sich auf einen anerkannten Kündigungsgrund berufen kann.

Für die Wohnraumkündigung schreibt § 568 BGB zwingend die Schriftform vor. Auch ist in der Regel eine Begründung der Kündigung zwingend erforderlich.

Der häufigste Fall in dem ein berechtigtes Interesse des Vermieters zur Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 BGB vorliegt, ist die Konstellation des Eigenbedarfs. Daneben besteht u.a. die Möglichkeit der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Hinderung der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Objektes oder schuldhafter, nicht unerheblicher Pflichtverletzung des Mieters.

Neben den vorgenannten Möglichkeiten steht dem Vermieter die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zu. Der häufigste Fall einer solchen Kündigung ist der des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wegen Zahlungsverzuges. Danach ist der Vermieter grundsätzlich zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, wenn der Mieter die Miete für einen bestimmten im Gesetz festgelegten Zeitraum, einen bestimmten Betrag oder Teilbetrag nicht zahlt.

12. Kündigungswiderspruch

Gemäß § 574 BGB hat der Mieter die Möglichkeit der ausgesprochenen Kündigung unter Berufung auf die sog. Sozialklausel zu widersprechen. In diesem Fall muss auf Seiten des Mieters eine besondere Härte vorliegen, welche gegen das berechtigte Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses abzuwägen ist. Was ein Härtegrund ist, bedarf der Einzelfallprüfung.

13. Kündigungsrecht des Mieters

Der Mieter kann zu jeder Zeit die ordentliche Kündigung aussprechen. Diese ist nicht vom Vorliegen besonderer Gründe abhängig.

Ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund steht dem Mieter nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. Unter Umständen kann sogar eine Abmahnung zur Wirksamkeit einer solchen Kündigung erforderlich sein.

14. Schönheitsreparaturen

Zu Streitigkeiten im Rahmen von beendeten Mietverhältnissen führen immer wieder die sog. Schönheitsreparaturen. Hierbei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Renovierungspflicht Teil der dem Vermieter obliegenden Erhaltungspflicht ist. In der Regel sind diese Renovierungspflichten von Seiten des Vermieters im Rahmen von Formularmietverträgen auf den Mieter abgewälzt. Unter Schönheitsreparaturen versteht man vereinfacht formuliert die Durchführung von Tapezier- und Anstreicharbeiten zur Verschönerung der Mieträume. Die Vereinbarung zur Schönheitsreparaturen in Wohnraummietverträgen bezieht sich grundsätzlich nur auf das Wohnungsinnere.

In der Vergangenheit gab es umfangreiche Rechtsprechung zu der Frage, ob eine in einem Mietvertrag enthaltene Schönheitsreparaturklausel wirksam oder unwirksam ist. Hierbei kommt es auf die genaue Vereinbarung und die genaue Formulierung im Mietvertrag an. Im Hinblick auf die vielfältige Rechtsprechung ist eine pauschale Aussage, wann eine Klausel unwirksam ist und wann nicht, nicht möglich. Auch hier bedarf es daher der genauen Prüfung des Einzelfalls.

In vielen Mietverträgen sind sog. Fristenpläne enthalten. Danach ist festgehalten, dass bestimmte Räume nach einer bestimmten Anzahl von Jahren zu renovieren sind. Ist ein solcher Fristenplan mit starren Fristen ausgestaltet, ist die Klausel nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam. In Abgrenzung hierzu sind sog. weiche Fristenpläne zu sehen. Diese berücksichtigen die tatsächliche Erforderlichkeit durchzuführender Schönheitsreparaturen in Mieträumen.

Im gesamten Bereich der Schönheitsreparaturklauseln gilt, dass keine allgemein verbindliche Empfehlung ausgesprochen werden kann. Aufgrund der Vielfältigkeit der Rechtsprechung und der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Klauseln, bedarf jeder einzelne Mietvertrag einer genauen Überprüfung.

15. kurze Verjährung des § 548 BGB

Hinzuweisen ist auch auf eine dem Mietrecht immanente Besonderheit hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen. In Abgrenzung zu dem üblichen im bürgerlichen Recht geltenden Verjährungsfristen gilt für bestimmte Ersatzansprüche aus dem Mietverhältnis eine 6-monatige Verjährungsfrist gemäß § 548 BGB. Diese beginnt ab dem Zeitpunkt der Rückgabe des Mietobjektes.

16. vorzeitiger Austritt aus dem Mietverhältnis durch Nachmieterstellung

Der Mieter, der vorzeitig aus seinem Mietvertrag aussteigen will, aber kein Sonderkündigungsrecht hat, kann versuchen, einen Nachmieter zu stellen. Dies ist zulässig, wenn im Mietvertrag eine sog. Nachmieterklausel enthalten ist. Ohne Nachmieterklausel darf der Mieter nur dann ausnahmsweise einen Nachmieter stellen, wenn es für ihn unzumutbar wäre, noch längere Zeit am Vertrag festgehalten zu werden. Hieran werden von der Rechtsprechung jedoch besonders hohe Voraussetzungen geknüpft.

Herausgeber:

Kanzlei Dr. Hamm & Scherer
Rechtsanwälte in Gelnhausen
Steffen Heß, Rechtsanwalt

Gelnhausen, im Januar 2017

Vorwort zum Ratgeber in Straf-, Bußgeld-
und Verkehrsunfallsachen

Recht zu haben alleine genügt bekanntlich nicht. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass Sie von einem Rechtsanwalt beraten und unterstützt werden, der fundierte und qualifizierte Fachkenntnisse besitzt und insbesondere das erforderliche Engagement, um Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte optimal und erfolgreich zu vertreten.

Das Dezernat Strafrecht wurde in unserer Kanzlei maßgeblich von Herrn Rechtsanwalt und Notar a. D. Dr. Wolfgang Hamm betreut und geprägt. Herr Dr. Hamm hat sich nicht nur als Rechtsanwalt und Notar, sondern insbesondere auch als Fachanwalt für Strafrecht einen Namen gemacht.

Nach seinem Ausscheiden aus unserer Kanzlei wurde das Dezernat Strafrecht durch mich, Rechtsanwalt Steffen Heß, übernommen und fortgeführt.

Bereits seit 2009 bin ich in der Kanzlei Dr. Hamm & Scherer als Rechtsanwalt tätig und gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Scherer Partner der Kanzlei Dr. Hamm & Scherer. Ich habe den Lehrgang zum Erwerb des Titels Fachanwalt für Strafrecht absolviert und entsprechenden schriftlichen Leistungskontrollen gemäß § 4 a FAO abgelegt. Des Weiteren nehme ich regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teil, um meine Fachkenntnisse entsprechend zu aktualisieren und zu erweitern. Ich stehe Ihnen daher gerne mit rechtlichem Rat und Tat zur Seite!

Der Bereich Bußgeld- und Verkehrsunfallrecht wird in unserer Kanzlei durch Herrn Rechtsanwalt Jürgen Scherer betreut, welcher die Zusatzqualifikation Fachanwalt für Verkehrsrecht besitzt. Daneben ist Herr Rechtsanwalt Scherer Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Neben dem Bereich Strafrecht betreue ich in unserer Kanzlei auch das Dezernat Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht, da ich über die Zusatzqualifikation Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht verfüge.

Des Weiteren verfüge ich seit dem Jahr 2019 auch über die Zusatzqualifikation Mediator.

Wir stehen Ihnen gerne mit rechtlichem Rat und Tat zur Seite! Bitte vereinbaren Sie einen Termin.

Unsere Mitarbeiterinnen, bei welchen es sich ausschließlich um qualifizierte Fachkräfte handelt, sind Ihnen bei Fragen oder bei Terminvereinbarungen gerne behilflich.

Sie finden unsere Kanzlei im Zentrum von Gelnhausen, direkt am Ziegelturm. Sie erreichen uns wie folgt:

Dr. Hamm & Scherer

Am Ziegelturm 11a, 63571 Gelnhausen

Telefon: +49 (0) 6051 – 88 90 90, Telefax: +49 (0) 6051 – 88 90 9-29

E-Mail: info@hamm-scherer.de

Internet: www.hamm-scherer.de 

Bitte beachten Sie:

Dieser Leitfaden soll einen kurzen Abriss und eine kurze Einführung in wichtige Bereiche des Straf-, Bußgeld- und Unfallrechtes liefern. Er erhebt mit seinen Tipps und Verhaltensweisen keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt eine qualifizierte Rechtsberatung nicht. Eine ausführliche Rechtsberatung erhalten Sie in unserer Kanzlei nach Terminsabsprache. Im empfehle in Straf-, Bußgeld- und Unfallsachen frühestmöglich einen Termin mit uns zu vereinbaren, und zwar bevor Sie zur Polizei gehen oder Erklärungen gegenüber Dritten abgeben. Hierdurch werden Fehler im Vorfeld, welche manchmal irreparabel sind, vermieden.

I.

Verhalten in Straf- und Bußgeldsachen

1. Verhalten gegenüber der Polizei:

Wenn gegen Sie wegen des Verdachts einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit ermittelt wird, sind Sie Beschuldigter. Als Beschuldigter haben Sie ein umfassendes Schweigerecht, d.h. Sie müssen sich nicht zu der Beschuldigung äußern. Dies darf Ihnen nicht nachteilig ausgelegt werden. Sie sind nicht verpflichtet, bei der Polizei oder der Bußgeldbehörde (Anhörungsbogen) Angaben zu machen. Sie sind nicht verpflichtet bei der Polizei zu erscheinen, wenn Sie eine telefonische oder schriftliche Vorladung erhalten. Es gibt grundsätzlich keine Aussagepflicht gegenüber der Polizei. Das Gleiche gilt gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht. Ich empfehle Ihnen daher grundsätzlich zunächst von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen und einen Verteidiger Ihres Vertrauens zu konsultieren und sich mit diesem zu beraten zwecks der weiteren Vorgehensweise.

Ich rate Ihnen dringend davon ab, ohne Verteidiger eine Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft durchzuführen. Sie können die Risiken nicht überblicken und sind ohne Beistand Ihres Verteidigers der konkreten Vernehmungssituation nicht gewachsen. Die Polizei ist gem. § 136 StPO verpflichtet, Sie über Ihre Rechte zu belehren. Insbesondere sind Sie darauf hinzuweisen, dass es Ihnen nach dem Gesetz freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor Ihrer Vernehmung, einen von Ihnen zu wählenden Verteidiger zu befragen. Erfolgt diese qualifizierte Belehrung, welche aktenkundig zu machen ist, nicht, besteht ein Beweisverwertungsverbot, d.h. Ihre Aussage ist unverwertbar.

2. Keine Mitwirkungspflichten:

Ebenso wie keine Aussagepflicht besteht, besteht auch keine Mitwirkungspflicht Ihrerseits zur Selbstüberführung.

Bei Alkoholdelikten besteht im Rahmen der Blutentnahme keine Verpflichtung zur Mitwirkung bei den üblichen Tests (Gang geradeaus, Finger-Finger-Probe, Finger-Nasen-Probe, etc.). Sie sind nur verpflichtet, wenn hinreichender Tatverdacht besteht, die Entnahme einer Blutprobe zu dulden.

Bei hinreichendem Tatverdacht, sind Sie verpflichtet, erkennungsdienstliche Maßnahmen (Fertigen von Lichtbildern und Fingerabdrücken) zu dulden.

Zur freiwilligen Abgabe einer Speichelprobe zwecks DNA bei der Polizei sind Sie nicht verpflichtet.

In Bußgeldverfahren sind Sie nicht verpflichtet mitzuwirken, wenn Ihnen ein Polizeibeamter ein Radarfoto vorhält, um Ihre Fahrereigenschaft festzustellen. Das Gleiche gilt für Ihre Ehefrau und Angehörigen, welche ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Ich empfehle, dass Sie und Ihre Angehörigen von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und bei Ermittlung des Fahrers nicht mitwirken. Sie müssen also „nicht da sein“, wenn der Polizeibeamte bei Ihnen vorspricht. Sie sind auch nicht verpflichtet, mit diesem zu sprechen oder ihm den Zutritt in die Wohnung zu gestatten.

Es besteht keine Verpflichtung, bei Erhalt eines Anhörungsbogens durch die Bußgeldstelle Angaben zur Sache zu machen und den Anhörungsbogen wieder zurückzusenden. Wenn Sie einen Anhörungsbogen betreffend Geschwindigkeitsüberschreitung, Rotlichtverstoß, etc. erhalten, empfehle ich sofort den Verteidiger Ihres Vertrauens zu konsultieren.

Nach bisheriger Rechtslage waren Zeugen nicht verpflichtet, vor der Polizei zu erscheinen und auszusagen. Nach dem geänderten § 163 Abs. 3 StPO und der jetzt geltenden Rechtslage ist ein Zeuge nicht nur verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung Folge zu leisten, sondern dort auch eine Aussage zur Sache zu machen. Diese Gesetzesänderung macht eine anwaltliche Beratung besonders wichtig, da Sie als Zeuge leicht in eine Beschuldigtenrolle kommen können und über Ihnen gegebenenfalls zustehende Zeugnisverweigerungsrechte in der Regel nicht informiert sind. Aus diesem Grund empfehle ich in jedem Fall, auch wenn Sie eine Zeugenvorlagen erhalten, mit einem Verteidiger Rücksprache zu nehmen, welcher Sie dann beispielsweise als Zeugenbeistand vertreten kann. Einer staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Zeugenladung müssen Sie in jedem Fall Folge leisten. Als Zeugen haben Sie gem. § 55 StPO ein Auskunftsverweigerungsrecht bezüglich solcher Fragen, durch deren Beantwortung Sie sich selbst der Gefahr aussetzen könnten, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Im Zweifelsfalle sollten Sie sich auch hier eines Zeugenbeistandes bedienen. Darüber hinaus gibt es weitere Zeugnisverweigerungsrechte, beispielsweise für Angehörige, über die Sie sich entsprechend anwaltlich beraten lassen sollten.

3. Verhalten bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen:

Durchsuchungen und Beschlagnahmen erfolgen überraschend, ohne jede Vorankündigung in der Regel zu früher Morgenstunde. Durchsucht werden gleichzeitig Wohnung, Büro, Arbeitsplatz, Ferienhaus und Pkw des Beschuldigten oder eines dritten Gewahrsaminhabers. In Wirtschafts- und Steuerstrafsachen werden in der Regel sofort Buchhaltung und alle relevanten Geschäftsunterlagen und Belege zu Beweiszwecken beschlagnahmt. Der Rechtsschutz gegen derartige Maßnahmen ist schwach ausgeprägt. Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen geduldet werden. Es bedeutet dies jedoch keineswegs, dass Sie rechtlos sind. Ich empfehle sofort den Verteidiger Ihres Vertrauens anzurufen, ihn über die Durchsuchung zu unterrichten und ihn zu bitten, wenn möglich, sofort vor Ort zu erscheinen. Er hat ein Anwesenheitsrecht und wird Ihre Rechte zu wahren wissen. Die Polizei muss Ihnen das Telefonat zur Beauftragung Ihres Verteidigers gestatten. Zur Sache machen Sie keine Angaben, auch nicht in Nebensätzen oder in Form von Antworten auf Ihnen belanglos erscheinende Fragen. In der ersten Aufregung abgegebene Erklärungen können Ihnen größten Schaden zufügen, welcher im späteren Verfahren nicht mehr reparabel ist. Sie sind nicht verpflichtet, irgendwelche Erklärungen zur Sache abzugeben. Gegen Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen empfehle ich Widerspruch einzulegen, wobei darauf zu achten ist, dass der Widerspruch schriftlich in dem Sicherstellungs-/Beschlagnahmenachweis vermerkt wird. Selbstverständlich kann die Polizei bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Gegenstände beschlagnahmen und mitnehmen. Bitte achten Sie darauf, dass sämtliche beschlagnahmten Gegenstände und Unterlagen schriftlich in dem zu erstellenden Verzeichnis aufgeführt werden und Ihnen das Verzeichnis nach Ende der Maßnahme ausgehändigt wird. Des Weiteren empfehle ich bei Beginn der Maßnahme Name und Dienstgrad des Untersuchungsführers zu erfragen, sich dessen Dienstausweis zeigen zu lassen und sich den richterlichen Durchsuchungsbeschluss, sofern ein solcher vorliegt, vorlegen zu lassen und nach Möglichkeit eine Kopie zu fertigen. Dies ist Ihnen zu gestatten. Ihr Verteidiger wird prüfen, ob gegen Durchsuchung und Beschlagnahme Beschwerde einzulegen ist. Sollten sich Durchsuchung und Beschlagnahme später als rechtswidrig erweisen, ergeben sich hieraus Beweisverwertungsverbote hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel. Dies ist für das spätere Hauptverfahren von erheblicher Bedeutung, weshalb ich empfehle, bei einer derartigen Maßnahme sofort den Verteidiger Ihres Vertrauens zu konsultieren.

4. Verhalten bei Festnahme durch die Polizei oder Anordnung von U-Haft:

Festnahme und U-Haft sind die schwersten Eingriffe in die Freiheitsrechte eines Menschen. Ich empfehle, dass Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sofort einen Verteidiger Ihres Vertrauens beauftragen. Die Polizei muss Ihnen kraft Gesetzes gestatten, dass Sie mit diesem telefonischen Kontakt aufnehmen und ihn konsultieren. Sofern Sie sich bei der Polizei befinden, hat Ihr Verteidiger selbstverständlich auch ein Anwesenheitsrecht. Ich empfehle auf gar keinen Fall vor Rücksprache mit Ihrem Verteidiger und bevor dieser Akteneinsicht hatte, Angaben zur Sache zu machen. Sollten Sie sich in U-Haft befinden, können Sie den Verteidiger Ihrer Wahl telefonisch über den Sozialdienst verständigen lassen und seinen unverzüglichen Besuch in der JVA erbitten. Möglich ist es auch, dass Sie einen Angehörigen oder eine Person Ihres Vertrauens telefonisch verständigen lassen mit der Bitte, diese möge den Verteidiger Ihres Vertrauens schnellstens verständigen.

U-Haft dient der Verfahrenssicherung und nicht der Geständniserzwingung. Ein voreiliges Geständnis oder eine Beschuldigtenvernehmung ohne vorherige Konsultation eines Verteidigers kann für Sie in dem anschließenden Strafverfahren schwere irreparable Nachteile zur Folge haben. Vorläufige Festnahme und U-Haft sind immer belastend. Es ist jedoch besser, die Haftsituation kurzzeitig zu ertragen, als unter dem momentanen Druck der Haftsituation voreilige und undurchdachte Erklärungen zur Sache abzugeben. Dass Sie zumindest zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen, ist strafprozessual und verfassungsrechtlich garantiert. Es kann Ihnen niemals zum Nachteil gereichen. Über Ihre rechtlichen Möglichkeiten, nämlich von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen und einen Verteidiger Ihres Vertrauens zu konsultieren, sind Sie vor jeder Vernehmung gem. § 136 StPO zu belehren. Die qualifizierte Belehrung ist aktenkundig zu machen.

5. Verhalten in Steuerstrafsachen:

Wenn Beamte der Steuerfahndung, Polizei und Staatsanwaltschaft Ihre Geschäftsräume, Wohn- und Nebenräume sowie Pkw und Büro durchsuchen, geschieht dies überraschend in den Morgenstunden und gleichzeitig. Es empfiehlt

sich auch hier, dass Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sofort den Verteidiger Ihres Vertrauens anrufen. Die Polizei, bzw. Steuerfahndung muss Ihnen den Anruf und die Verständigung Ihres Verteidigers gestatten. Dieser sollte sofort am Ort der Durchsuchung erscheinen und bei der Durchsuchung Ihre Rechte wahren. Durchsuchung und Beschlagnahme müssen Sie dulden, sind jedoch keineswegs rechtlos. Ihr Verteidiger wird den Durchsuchungsbeschluss überprüfen, Widerspruch gegen die Durchsuchung und Beschlagnahme erheben sowie die Einhaltung Ihrer weiteren Rechte gewährleisten. Dies ist wichtig, weil sich hieraus Beweissicherungsverbote für ein späteres Hauptverfahren ergeben können. Ein Steuerstrafverfahren kann durch voreilige unbedachte Erklärungen zur Sache von Anfang an irreparabel verloren sein. Aus diesem Grunde sollten Sie anlässlich einer Durchsuchung keinerlei Erklärungen zur Sache abgeben, bevor Sie sich nicht mit Ihrem Verteidiger beraten haben und dieser Akteneinsicht hatte. Ihre Angehörigen haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, d.h. sie müssen ebenfalls keine Angaben zur Sache machen, wenn sie dies nicht wollen. Tatverdächtige Mitarbeiter haben ebenfalls ein Schweigerecht. 

II.

Verhalten nach einem Verkehrsunfall

1. Sofortmaßnahmen:

Es hat gekracht, zwei Fahrzeuge sind zusammengestoßen. Was da zunächst zu tun ist, versteht sich von selbst: Sofort halten – Verkehr sichern – Verletzten helfen. Diese Grundpflichten sind in § 34 StVO geregelt. Halten Sie bei jedem Unfall sofort an und schauen Sie nach, was passiert ist. Pflicht zur Hilfe trifft jedermann, auch ein völlig Unbeteiligter muss helfen. Wer zufällig an die Unfallstelle kommt, muss einen Rettungswagen und/oder die Polizei verständigen.

2. Beweise:

Wer in Deutschland durch einen Unfall geschädigt wird erhält Schadensersatz. Bis die Polizei kommt, vergeht oft wertvolle Zeit. Zeugen können sich in der Zwischenzeit entfernt haben. Spuren können verwischt sein. Jeder tut gut daran, Beweise zu sichern. Am wichtigsten sind: Spuren – Skizzen – Zeugen. Zunächst müssen die Liegeorte von Personen, die Standorte der Fahrzeuge und ihre Trümmer markiert werden, Kreide befindet sich in der Regel in Ihrem Verbandskasten, notfalls kann man sogar einen Stein nehmen. Die Standorte der Räder sollte besonders gekennzeichnet werden, das Gleiche gilt für die Markierung von Zusammenstoßstellen, Brems- und Schleuderspuren, Glassplitter. Achten Sie auch stets auf den Zustand des anderen Fahrzeuges (abgefahrene Reifen!). Sind die Spuren gesichert, fertigt man sich eine Skizze an, aus der sich alle wichtigen Punkte ersehen lassen. Zu empfehlen sind Sofortfotos von der Unfallstelle.

Sofort nach dem Unfall sollte man Namen und Anschriften von Zeugen notieren. Lassen Sie sich von keinerlei Versprechungen, Schuldanerkenntnissen etc. des Schädigers beeindrucken, wer weiß, wie lange dessen Einsicht vorhält. Will der Gegner von der Unfallstelle flüchten, dürfen Sie ihn bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

3. Schuldanerkenntnis:

Sofern Sie den Unfall verschuldet haben, dürfen Sie ein Schuldanerkenntnis zur Gefährdung Ihres Versicherungsschutzes nicht abgeben.

Hat der Gegner den Unfall verschuldet, ist ein Schuldanerkenntnis, beispielsweise: „Ich gebe zu, den Unfall verschuldet zu haben“,  nicht viel wert. Besser ist es ein Unfallprotokoll aufzunehmen und dort den wahren Unfallhergang festzuhalten und vom Unfallgegner unterzeichnen zu lassen. Räumt der Unfallgegner den Unfall ein, erkennt er seine Schuld also an, ist dies nur dann hilfreich, wenn Sie dies schriftlich in dem Unfallprotokoll aufnehmen und der Unfallgegner diese Aussage unterzeichnet.

Ist die Haftungslage unklar, bestreitet der Gegner den Unfall verschuldet zu haben, kann man sich nicht einigen, steht der Unfallgegner unter Alkoholeinfluss, sollte aus Beweisgründen die Polizei sofort verständigt werden. Haben Sie allerdings selbst etwas zu verbergen (Verschulden am Unfall, Alkohol), empfiehlt sich dies nicht. Sie sind hierzu nicht verpflichtet.

4. Unfallhelfer:

Kommt noch vor der Polizei ein Abschlepper vorbei und bietet seine Dienste einschließlich Reparaturwerkstatt, Mietwagenunternehmen, Rechtsanwalt etc. an, sollten Sie höchste Vorsicht walten lassen. Vertrauen Sie sich keinesfalls so genannten Unfallhelfern an.

5. Verhalten gegenüber der Polizei:

Verhalten Sie sich gegenüber den Beamten freundlich und korrekt. Sie sind weder als Beschuldigter noch als Zeugen verpflichtet, Angaben bei der Polizei zu machen. Sofern Sie als Beschuldigter in Frage kommen, empfehlen wir an der Unfallstelle keinerlei Angaben zu machen, ehe Sie nicht mit dem Anwalt Ihres Vertrauens gesprochen haben. Dies gilt auch für die so genannten „Kontaktgespräche“ mit der Polizei, welche dazu dienen sollen, abzuklären, wer als Zeuge und wer als Beschuldigter in Frage kommt. Der Inhalt dieser so genannten „Kontaktgespräche“ wird in einem späteren Strafverfahren durch den Polizeibeamten als Zeugen eingeführt, auch wenn der Beschuldigte damals erklärt hat, er mache von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Seien Sie also mit Erklärungen an der Unfallstelle oder vor Beratung mit dem Anwalt Ihres Vertrauens äußerst vorsichtig und sparsam.

6. Alkohol:

Bei schweren Verkehrsunfällen wird in der Regel eine Blutentnahme angeordnet, dies gilt besonders dann, wenn äußere Anzeichen wie torkeln, lallen etc. erkennbar sind.

Bei der Blutentnahme im Krankenhaus oder durch einen Arzt wird ein Protokoll gefertigt, das auf Ihren Angaben basiert. Sie werden dort befragt, was Sie vorher gegessen haben, wann Sie den letzten Alkohol getrunken haben, wie viel etc. Sie sind, und dies ist sehr wichtig, nicht verpflichtet, diese Fragen zu beantworten. Ebenso sind Sie nicht verpflichtet, die durchzuführenden Testes, also Sprechproben, Gehen auf einem Strich etc., durchzuführen. Sie müssen nur solche Untersuchungen dulden, bei welchen Sie nicht aktiv mitmachen müssen.

Den Tests kommt keine sehr große Bedeutung zu, weil der Blutalkoholgehalt maßgebend ist. Viel wichtiger sind Ihre Angaben bei der Befragung. Wir empfehle auch hier von Ihrem Aussagenverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Dies gilt auch für die Fragen des genossenen Alkohols nach dem Unfall, so genannter Nachtrunk.

7. Unfallflucht:

Wer nach einem Unfall weiterfährt, riskiert eine Strafe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Weiter riskieren Sie, dass Sie Ihr Haftpflichtversicherer später in Regress nimmt. Die gesetzliche Bestimmung dient dazu, das Beweisinteresse der zivilrechtlich Geschädigten nach einem Unfall zu sichern. Sie dient nicht dazu, schuldige Kraftfahrer einer Bestrafung zuzuführen.

Sie müssen nach einem Unfall die erforderlichen Feststellungen über die Art Ihrer Beteiligung, Ihr Fahrzeug, Personalien etc. ermöglichen. Wenn Sie sich mit dem Geschädigten geeinigt haben, dürfen Sie die Unfallstelle verlassen. Das Gleiche gilt nachts bei Sachschaden nach Ablauf einer ausreichenden Wartefrist, welche sich unter anderem nach der Höhe des Schadens bemisst. Sie müssen sich dann allerdings am nächsten Tag sofort mit dem Geschädigten oder der nächstgelegenen Polizeidienststelle in Verbindung setzen.

Dies alles gilt jedoch nur für den Fall, dass Sie sich berechtigt, als nach Ablauf einer Wartefrist mangels feststellungsbereiter Person, von der Unfallstelle entfernt haben.

Haben Sie sich unerlaubterweise von der Unfallstelle entfernt oder nach berechtigter Entfernung nicht wie oben verfahren, so gilt Folgendes: Es nutzt wenig, sich dann der Polizei oder dem Geschädigten zu stellen. Der Tatbestand ist verwirklicht, meist läuft das Ermittlungsverfahren bereits. Solche Tätigkeiten kann Ihnen später allenfalls Strafmilderung verschaffen. Das Beste ist, keinerlei Angaben zu machen und sofort einen Anwalt Ihres Vertrauens aufzusuchen. Dieser wird dann die Schadensregulierung in die Hand nehmen und ihre Verteidigung vorbereiten. Es besteht keine Verpflichtung, zu offenbaren, wer das Fahrzeug zur Unfallzeit geführt hat. Ihrem Haftpflichtversicherer ist selbstverständlich eine wahre Schadensmeldung zu erteilen, wobei die Mitteilung genügt, ein berechtigter Fahrer habe das Fahrzeug geführt. Es ist selbstverständlich, dass man unabhängig von den hier aufgezeigten Fragen Verletzten hilft.

8. Unfallmeldung:

Wenn Sie an einem Unfall beteiligt waren, sind Sie verpflichtet, binnen einer Woche eine wahre Unfallmeldung bei Ihrem Haftpflichtversicherer abzugeben. Wird keine Schadensmeldung gemacht, eine verspätete oder wahrheitswidrige, so stellt dies eine Obliegenheitsverletzung dar. Die Versicherung kann Sie in Regress nehmen.

9. Schadensfreiheitsrabatt:

Soll man einen Schaden der Versicherung melden und dadurch den Schadensfreiheitsrabatt verlieren oder lieber selbst zahlen?

Unser Tipp: Melden Sie den Schaden Ihrer Haftpflichtversicherung, diese hat die besseren Möglichkeiten, um Ansprüche des Geschädigten zu prüfen und gegebenenfalls zu zahlen. Nach der Regulierung durch die Haftpflichtversicherung können sie dieser den von ihr gezahlten Entschädigungsbetrag erstatten. Dieser Versicherungsvertrag muss dann so behandelt werden, als ob der Schaden nicht gemeldet worden wäre. Der Schadensfall hat dann keinen Einfluss auf den Schadensfreiheitsrabatt. Ein entsprechender Antrag ist binnen 6 Monaten nach der Mitteilung über den Abschluss der Schadensregulierung bei dem Haftpflichtversicherer zu stellen.

10. Geltendmachung Ihres eigenen Schadens:

Die Geltendmachung und der Nachweis Ihres eigenen Schadens ist Ihre Sache, Sie dürfen nicht die Hände in den Schoß legen. Es gibt Ansprüche auf Sachschaden und Personenschaden. Die Rechtsprechung hierzu ist sehr umfangreich. Die Erfahrung zeigt, dass heute ein Geschädigter ohne anwaltliche Hilfe kaum oder erst sehr spät zu seinem Recht kommt. Dies hängt damit zusammen, dass bei den Haftpflichtversicherern versierte Schadensregulierer sitzen, so dass keine Waffengleichheit mehr herrscht und das Schadensersatzrecht sehr diffizil ist.

Wir warnen vor Schadensschnelldiensten, weil die Geschädigten häufig nur ein Teil dessen erhalten, was ihnen zusteht.

Sachgerechte Durchsetzung Ihrer Ansprüche auf Reparaturkosten, Wiederbeschaffungswert, Mietwagenkosten, Nutzungsausfall, Schmerzensgeld, Sachverständigenkosten etc. ist heute nur noch durch Einschaltung eines in Verkehrssachen erfahrenen Anwalts möglich. Deshalb hat der Bundesgerichtshof auch entschieden, dass die Anwaltskosten zur Regulierung eines Verkehrsunfalls von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer zu tragen sind. Dies beweist am besten, das Vorhergesagte. 

11. Unfall im Ausland: 

Die eigenen Ersatzansprüche muss der Geschädigte im Ausland gegen den Schadensstifter oder dessen Haftpflichtversicherung selbst geltend machen. Es gilt das dortige Haftpflichtrecht, so dass Sie auch dort einen Anwalt konsultieren müssen. Bei Reisen ins Ausland kann es wegen der dortigen Schadensabwicklung zu den größten Schwierigkeiten kommen. Das Beste ist, Sie setzen sich mit dem ADAC in Verbindung, dieser benennt Ihnen einen deutschsprachigen, ausländischen Rechtsanwalt. Als Vorsorge für Auslandsreisen empfehlen wir: Auslandsrechtsschutz mit Schutzbrief, ausreichende Krankenversicherung, Kurzkaskoversicherung und Unfallversicherung. Wenn es trotzdem einmal kracht, versuchen Sie möglichst viel im Wege der Beweissicherung zu erreichen. Fertigen Sie Notizen, wenn möglich ein zweisprachiges Unfallprotokoll, machen Sie Fotos, lassen Sie sich Ablichtungen der polizeilichen Unfallprotokolle geben. Beweise sind unentbehrlich.

12. Unfälle mit Ausländern:

Füllen Sie das Unfallprotokoll besonders sorgfältig aus, halten Sie alle nur möglichen Daten sorgfältig fest. Die Grüne Versicherungskarte ist weitgehend abgeschafft. Ansprüche aus Haftpflichtschäden, an denen ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug beteiligt ist, können auch in Deutschland geltend gemacht werden. Ansprechpartner für Benennung eines in Deutschland zuständigen Schadensregulierer ist der Verein Deutsches Büro Grüne Karte e. V..

13. Rechtsschutzversicherung:

Aufgrund der finanziellen Risiken in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht bei Verkehrsunfällen empfiehlt es sich in jedem Falle, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

14. Verkehrsopferhilfe:

Es kommt vor, dass Schäden durch nichtversicherte Fahrzeuge angerichtet werden. Noch häufiger ist, dass der Verursacher flüchtet und nicht mehr ermittelt werden kann. Um die gröbste Not der Verkehrsopfer zu lindern, hat der Gesetzgeber den Verein für Verkehrsopferhilfe e.V., Glockengießerwall 1, 20059 Hamburg eingerichtet, welcher in solchen Fällen Schadensersatz leistet.

Gelnhausen, September 2019
Steffen Heß
Rechtsanwalt und Mediator
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
weiterer Tätigkeitsschwerpunkt: Strafrecht

Vorwort zum Ratgeber für Familienrecht

Recht zu haben alleine genügt bekanntlich nicht. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass Sie zur erfolgreichen Durchsetzung Ihrer Rechte auch rechtsanwaltlich mit qualifizierten Fachkenntnissen beraten und unterstützt werden.

Aus diesem Grunde wird das Dezernat „Familienrecht“ in unserer Kanzlei ausschließlich von Frau Rechtsanwältin Dagmar Maier-Fuchs, Fachanwältin für Familienrecht, bearbeitet.

Frau Rechtsanwältin Maier-Fuchs ist seit 1997 als Rechtsanwältin tätig. Sie hat im Jahre 2003 die Zusatzqualifikation „Fachanwältin für Familienrecht“ erworben und bearbeitet seither schwerpunktmäßig das Dezernat Familienrecht.

Seit 2004 ist sie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familien- und Erbrecht im Deutschen AnwaltVerein.

Sie nimmt regelmäßig an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teil, um ihr Fachwissen entsprechend zu aktualisieren und zu erweitern.

Neben dem Dezernat Familienrecht bearbeitet Frau Rechtsanwältin Maier-Fuchs in der Kanzlei Dr. Hamm & Scherer auch Mandate im Allgemeinen Zivilrecht.

Unsere Mitarbeiterinnen, bei denen es sich ausschließlich um qualifizierte Fachkräfte handelt, sind Ihnen bei Fragen gerne behilflich.

Sie finden unsere Kanzlei im Zentrum von Gelnhausen, direkt am Ziegelturm.

Termine bitten wir telefonisch oder vor Ort zu vereinbaren. Sie erreichen uns wie folgt:

Dr. Hamm & Scherer
Am Ziegelturm 11, 63571 Gelnhausen

Telefon: +49 (0) 6051 – 88 90 90, Telefax: +49 (0) 6051 – 88 90 9-29
Email: info@hamm-scherer.de
Internet: www.hamm-scherer.de

 

Bitte beachten Sie:

Dieser Ratgeber soll einen kurzen Überblick und eine kurze Einführung in wichtige Bereiche des Familienrechts liefern. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keineswegs eine qualifizierte Rechtsberatung im Einzelfall. Eine ausführliche Rechtsberatung erhalten Sie in unserer Kanzlei nach Terminabsprache.

Da das Familienrecht mit seinen vielen möglichen Regelungspunkten eine komplexe Materie darstellt und es wichtig ist, hier frühzeitig die richtige „Weichen“ für die weitere Entwicklung zu stellen, empfiehlt es sich, frühzeitig eine anwaltliche Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, damit Fehler vermieden werden und das Mandat zum Erfolg geführt werden kann.

1. Grundsätzliches

Die Bandbreite der familienrechtlichen Mandate ist groß.

Sachgebiete familienrechtlicher Regelungen sind insbesondere:

  • Recht der Ehescheidung
  • Kindesunterhalt (Unterhaltsansprüche ehelicher und nichtehelicher Kinder)
  • Ehegattenunterhalt (Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt)
  • Elternunterhalt (Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern)
  • Sorge- und Umgangsrecht für eheliche und nichteheliche Kinder
  • Vaterschaftsfeststellung und Vaterschaftsanfechtung
  • Eheliches Güterrecht (Zugewinnausgleich bzw. Vermögensauseinandersetzung)
  • Beratung betreffend Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen

Im nachfolgenden sollen nur diejenigen familienrechtlichen Mandate erörtert werden, die in der Praxis im Vordergrund stehen und daher auch für Mandanten von besonderem Interesse sind:

Nämlich die mit Trennung und Scheidung verbundenen Rechtsgebiete.

Trennung und Scheidung stellen für die Betroffenen in der Regel einen gravierenden Einschnitt im Leben dar.

Neben der Bewältigung der emotionalen Belastung müssen viele Fragen geklärt und Entscheidungen getroffen werden.

Die Themenbereiche reichen von der Klärung der Scheidungsvoraussetzungen über die Regelung der Unterhaltsansprüche sowie die Regelung der Nutzungsverhältnisse etwa an der gemeinsamen Ehewohnung bis hin zu den emotional meist besonders betroffenen Themenbereichen des Sorge- und Umgangsrechts für vorhandene gemeinsame Kinder.

Nachfolgende Ausführungen geben daher einen kurzen Überblick über die im Rahmen einer Trennung und dann nachfolgenden Scheidung wesentlichen Punkte.

Hierbei können selbstverständlich die Themenbereiche nur kurz aufgezeigt werden. In einem Beratungsgespräch können offene oder weitere Fragen qualifiziert geklärt werden. 

2. Trennung

Bei der Trennung im rechtlichen Sinne handelt es sich um eine dauerhafte Trennung der miteinander verheirateten Eheleute. Grundsätzlich ist Voraussetzung der Scheidung, dass die Eheleute mindestens ein Jahr getrennt gelebt haben. Nur in Ausnahmefällen ist eine Scheidung auch nach kürzerer Trennungsdauer möglich.

Die Eheleute leben im Rechtssinne voneinander getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und (mindestens) ein Ehegatte sie erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.

Keine Voraussetzung für eine Trennung im rechtlichen Sinne ist das Getrenntleben in verschiedenen Wohnungen. Eine Trennung kann daher auch innerhalb der bislang gemeinsam bewohnten Wohnung erfolgen, wenn kein gemeinsamer Haushalt geführt wird und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Eheleuten mehr bestehen.

Faktisch bedeutet dies daher: „Trennung von Tisch und Bett“, also getrennte Schlafbereiche und keine wechselseitigen Haushaltstätigkeiten mehr.

Im Trennungsjahr ist noch gemeinsame steuerliche Veranlagung möglich.

Ab dem 01. Januar des nach der Trennung folgenden Jahres hat aber grundsätzlich steuerlich nur noch getrennte Veranlagung zu erfolgen.

Der Nachweis des Trennungszeitpunktes ist für verschiedene familienrechtliche Bereiche wichtig, so z. B. für den Zeitpunkt der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als auch im Hinblick auf die Regelung von Auskunftsansprüchen betreffend Zugewinnausgleich (Auskunftsanspruch zum Trennungszeitpunkt zum Zwecke der Prüfung, ob illoyale Vermögensminderungen vorliegen).

Die Dokumentation des Trennungszeitpunktes ist daher bedeutsam.

Weiterhin sollte beachtet werden, anlässlich der Trennung die für die spätere Scheidung sowie die weiteren Personenstandsangelegenheiten etc. relevanten persönlichen Unterlagen (gegebenenfalls auch die der Kinder) bei dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung mitzunehmen. Dies sind insbesondere:

Familienstammbuch mit Heirats- und Geburtsurkunden, Personalausweis/Reisepass, Krankenkassenkarte, Arbeitspapiere, Versicherungsunterlagen, wichtige Urkunden, Unterlagen über die eigenen Vermögensverhältnisse (wie z. B. Sparbücher, Lebensversicherung, Bausparverträge, Kontounterlagen). 

3. Scheidung

Zuständig für das Scheidungsverfahren sind die bei den Amtsgerichten ansässigen Familiengerichte.

Örtlich vorrangig ist jenes Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk der Ehepartner mit den minderjährigen Kindern aus der Ehe lebt. Sind keine gemeinsamen Kinder vorhanden, ist grundsätzlich das Amtsgericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes zuständig.

Das Scheidungsverfahren wird durch eine Antragsschrift bei Gericht eingeleitet. Der Scheidungsantrag kann nur durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin beim Familiengericht eingereicht werden.

Eine Ehe wird gerichtlich geschieden, wenn sie „gescheitert“ ist.

Auf den Grund des Scheiterns oder ein Verschulden eines Ehegatten am Scheitern der Ehe kommt es nicht mehr an.

Als gescheitert gilt eine Ehe nach dem Gesetz, wenn die Lebensgemeinschaft der Eheleute tatsächlich nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft auch nicht mehr erwartet werden kann.

Voraussetzung für eine Scheidung ist in aller Regel eine einjährige Trennungszeit der Eheleute.

Leben Eheleute bereits ein Jahr getrennt und beantragen danach beide Ehegatten die Scheidung bei Gericht oder stimmt ein Ehegatte zumindest dem Scheidungsantrag des anderen zu, dann wird das Scheitern der Ehe vermutet.

Sofern ein Ehegatte aber die Zustimmung zur Scheidung verweigert, muss das Gericht förmlich feststellen, ob die Ehe gescheitert ist.

Das Scheitern der Ehe wird dabei unwiderlegbar vermutet, sofern die Ehegatten bereits seit drei Jahren getrennt leben. Dann kommt es auf die Zustimmung des anderen Ehegatten nicht mehr an.

Vor Ablauf eines Trennungsjahres ist daher grundsätzlich keine Scheidung möglich.

Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, kann die Ehe nur ausnahmsweise dann geschieden werden, wenn ein sogenannter Härtefall vorliegt und dem einen Ehegatten die Ehefortsetzung aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, nicht mehr zumutbar ist.

Die Gerichtskosten eines Scheidungsverfahrens tragen die Ehegatten grundsätzlich zur Hälfte, die jeweiligen Anwaltskosten trägt jeder Ehegatte selber.

Die konkrete Höhe der anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten bemisst sich nach dem Verfahrenswert der jeweiligen Scheidungssache, welchen das Gericht festsetzt. Für den Verfahrenswert ist in der Regel die Summe der beiden Nettoeinkommen der Eheleute im Zeitraum von drei Monaten (Vierteljahres-Gesamteinkommen) maßgebend.

Ein beteiligter Ehegatte, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten nicht oder nur teilweise und in Raten aufbringen kann, kann auf Antrag durch das Familiengericht auch Verfahrenskostenhilfe bewilligt erhalten. 

4. Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich wird im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren durch das Gericht von Amts wegen, d. h. automatisch und ohne Antrag eingeleitet.

Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften der Ehegatten. Die in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften sind jeweils hälftig zu teilen.

Die betreffenden Versorgungsanwartschaften werden vom Gericht von Amts wegen bei den zuständigen Rententrägern ermittelt. Der Ausgleich erfolgt dadurch, dass die entsprechenden Rentenanwartschaften jeweils hälftig auf den anderen Ehegatten übertragen werden.

Dies betrifft nahezu alle Anrechte, die der Altersvorsorge dienen, nämlich: Renten, Pensionen, Betriebsrenten, Direktversicherungen, Zusatzversicherungen und berufsspezifische Versorgungen.

Statt der gerichtlichen Durchführung des Versorgungsausgleiches besteht auch die Möglichkeit, dass die Ehegatten eine Vereinbarung zur Regelung des Versorgungsausgleiches treffen, die entweder notariell beurkundet oder als gerichtlicher Vergleich beim Familiengericht protokolliert werden muss.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz des von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleiches gilt nur für Ehen mit sogenannter kurzer Ehezeit:

Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beim Familiengericht beantragt. 

5. Kindesunterhalt

Eltern sind ihren Kindern gegenüber grundsätzlich zur Leistung von Unterhalt verpflichtet.

Wenn die Elternteile getrennt leben, erfüllt derjenige Elternteil, der das minderjährige Kind in seinem Haushalt betreut, seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel bereits durch die Betreuung und alltägliche Versorgung des Kindes (sogenannter Naturalunterhalt).

Der andere Elternteil, der nicht mit dem Kind in einem Haushalt zusammenlebt, schuldet dann den sogenannten Barunterhalt in Form eines monatlichen Geldbetrages.

Die Höhe des Kindesunterhaltes bemisst sich an den tatsächlichen Bedürfnissen des Kindes. Als Richtlinie dient hierbei die sogenannte Düsseldorfer Tabelle, nach welcher der Elementarunterhaltsbedarf ermittelt wird.

Die Düsseldorfer Tabelle differenziert bei der Festlegung des Unterhaltsbedarfes zum einen nach dem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (welches in 10 Einkommensgruppen gegliedert ist) und zum anderen nach dem Alter des Kindes (Einteilung in vier Altersgruppen).

Der Elementarunterhaltsbedarf des Kindes wird daher ausgehend vom jeweiligen Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und unter Berücksichtigung der einschlägigen Kindesaltersstufe ermittelt. Hieraus lässt sich dann der maßgebliche Unterhaltsbetrag aus der Tabelle ablesen.

Bedarfsmindernd wird das hälftige Kindergeld angerechnet.

Neben dem allgemeinen Unterhaltsbedarf können für das Kind auch Zahlungen für den sogenannten Mehr- und Sonderbedarf anfallen.

Der Mehr- oder Sonderbedarf ist von den Elternteilen gemeinsam zu bestreiten.

Die Düsseldorfer Tabelle geht bei der Einstufung der Unterhaltszahlbeträge von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei unterhaltsberechtigten Personen aus. Bei einer größeren/geringeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppe erfolgen.

Auch volljährigen Kindern gegenüber besteht eine Unterhaltsverpflichtung.

Mit der Erlangung der Volljährigkeit eines Kindes sind dann grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Die Haftungsanteile der Elternteile sind nach den Einkommensverhältnissen zu ermitteln.

Eine Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern besteht insbesondere solange, bis diese eine erste Berufsausbildung abgeschlossen haben. Dies unter der Maßgabe, dass Ausbildung/Studium auch zielstrebig betrieben werden.

Auch hinsichtlich der Bezifferung des Unterhaltes für volljährige Kinder enthält die Düsseldorfer Tabelle Richtwerte.

Da die Düsseldorfer Tabelle in regelmäßigen Zeitabständen hinsichtlich der Bedarfssätze angepasst bzw. aktualisiert wird, wird hier von Angaben der Tabellenwerte abgesehen. Die Düsseldorfer Tabelle ist eine bundesweit anerkannte Richtlinie zum Unterhaltsbedarf und wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf veröffentlicht, auf die betreffende Internetveröffentlichung wird insbesondere hingewiesen.

Die Düsseldorfer Tabelle legt auch den notwendigen Selbstbehalt fest, der jedem Unterhaltsverpflichteten zu belassen ist.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das Unterhaltsrecht ein sehr komplexes Rechtsgebiet ist. Es empfiehlt sich daher dringend die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe. So z. B., damit hinsichtlich der Berücksichtigung des relevanten Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen keine Fehler passieren. 

6. Ehegattenunterhalt

Eine der für den Mandanten wichtigsten finanziellen Fragen bei Trennung der Eheleute ist das Bestehen und die Höhe etwaiger Unterhaltsansprüche. Die Klärung dieser Frage muss möglichst schnell angegangen werden, da Unterhaltsrückstände nur dann ausgeglichen werden müssen, wenn der Unterhaltspflichtige zuvor zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert wurde.

Hier ist also gegebenenfalls unverzügliches Handeln geboten.

Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten steht gegenüber dem unterhaltspflichtigen Ehegatten ein Auskunftsanspruch zur Ermittlung der Einkommenssituation zu.

Nach der Trennung hat derjenige Ehegatte, welcher weniger oder gar kein Einkommen hat, gegenüber dem besserverdienenden Ehepartner einen Anspruch auf monatliche Unterhaltszahlung (Trennungsunterhalt). Dieser Trennungsunterhaltsanspruch besteht bis zur rechtskräftigen Scheidung.

Nach der Scheidung besteht dann Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

Für die einzelnen Zeiträume müssen die jeweiligen Unterhaltsansprüche jeweils neu geltend gemacht werden, da zwischen dem Trennungsunterhaltsanspruch und dem Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt keine Identität besteht.

Die Höhe des Ehegattenunterhaltes richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und wird jeweils im Einzelfall unter entsprechender Beachtung der jeweiligen Einkommen der Eheleute und der jeweiligen anrechenbaren Zahlungsverpflichtungen berechnet.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Berechnung des Ehegattenunterhaltsanspruches sehr komplex ist, so dass sowohl der unterhaltsberechtigte Ehegatte als auch der unterhaltspflichtige Ehegatte in dieser Hinsicht unbedingt und kurzfristig anwaltlichen Rat einholen sollten.

Sofern die Ehegatten beide Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, gilt die grundlegende Berechnungsformel, dass der Unterhaltsberechtigte nach vorherigem Abzug von Kindesunterhaltsansprüchen und sonstigen eheprägenden Verbindlichkeiten (wie z. B. Kreditraten), 3/7 der Differenz der beiderseitigen Monatseinkünfte als Unterhaltsanspruch beanspruchen kann.

In der Regel besteht im ersten Jahr der Trennung keine Erwerbsverpflichtung des Unterhaltsberechtigten, so dass von einem Ehegatten, welcher im Zeitpunkt der Trennung nicht erwerbstätig ist, in aller Regel frühestens nach Ablauf des Trennungsjahres die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Erzielung entsprechender Einkünfte verlangt werden kann.

Bei der Unterhaltsermittlung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass dem Unterhaltspflichtigen ein Mindestbetrag für seinen monatlichen Eigenbedarf (sogenannter Selbstbehalt) verbleiben muss. 

Nach der Scheidung besteht dann gegebenenfalls ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

Zwar gilt nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit, d. h. der geschiedene Ehegatte ist grundsätzlich wieder dazu verpflichtet, zu arbeiten und selber seinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, es kann jedoch Konstellationen geben, die zu einem nachehelichen Ehegattenunterhaltsanspruch berechtigen.

Ein Geschiedenenunterhalt kommt insbesondere wegen Kinderbetreuung, wegen Alters, wegen Krankheit, wegen Erwerbslosigkeit oder als Aufstockungsunterhalt in Betracht.

Je nach den Umständen des Einzelfalles kann es auch Situationen geben, die es rechtfertigen, den nachehelichen Unterhaltsanspruch sowohl der Höhe nach als auch zeitlich zu begrenzen. Hierbei kommt es immer auf den Einzelfall und die Entscheidung darüber an, ob ehebedingte Nachteile beim Unterhaltsberechtigten eingetreten sind und wie dies z. B. auch unter der Berücksichtigung der Ehedauer zu bewerten ist.

Bei der Ermittlung, ob und in welcher Höhe ein nachehelicher Ehegattenunterhaltsanspruch gerechtfertigt ist, muss immer auf die konkrete Situation des Einzelfalles abgestellt werden. Auch in dieser Hinsicht empfiehlt es sich daher, rechtzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für die Vertretung in gerichtlichen Unterhaltsverfahren ist ohnehin die Vertretung durch einen Rechtsanwalt stets erforderlich. 

7. Sorgerecht

Auch bei Trennung und Scheidung der Eltern bleibt es nach dem Gesetz grundsätzlich weiterhin bei dem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern.

Das Gesetz geht insoweit davon aus, dass sich die Eltern bei der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge in den grundsätzlichen Fragen, die das Kind betreffen (so z. B. Schulwahl), verständigen und einigen.

Für die Angelegenheiten des täglichen Lebens steht die Alleinentscheidungsbefugnis dem betreuenden Elternteil zu, bei welchem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat.

Können sich Elternteile nicht über den Lebensmittelpunkt des Kindes einigen, kann durch gerichtliches Verfahren das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil übertragen werden.

Wenn es zwischen den Elternteilen zu gravierenden Kommunikationsproblemen und Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der sonstigen Sorgerechtsangelegenheiten kommt, kann beim Familiengericht die Übertragung des Sorgerechts im Ganzen oder in Teilbereichen auf einen Elternteil beantragt werden. 

8. Umgangsrecht

Anlässlich der Trennungs- und Scheidungssituation kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen den Elternteilen im Hinblick auf die Ausübung des Umgangs mit dem Kind.

Das Gesetz sieht vor, dass auch der nicht betreuende Elternteil, bei welchem die Kinder nicht leben, berechtigt und verpflichtet ist, zu seinen Kindern Kontakt zu halten und sie regelmäßig zu sehen.

Dem nicht betreuenden Elternteil soll es hierdurch möglich sein, sich von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen. Durch die Umgangskontakte soll das elterliche Verhältnis zum Kind aufrechterhalten bleiben und einer Entfremdung vorgebeugt werden.

Eine gesetzliche Regelung zur konkreten Ausgestaltung des Umgangsrechtes gibt es nicht. Die Eltern sollen grundsätzlich einvernehmlich eine Regelung finden, die für alle Seiten im Alltag praktikabel ist.

Sofern hierüber keine Einigung erzielt werden kann, besteht zunächst für die Eltern die Möglichkeit, Hilfe des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen, um eine gemeinsame Umgangsregelung zu finden.

Kann keine einvernehmliche Regelung gefunden werden, kann der umgangsberechtigte Elternteil ein familiengerichtliches Umgangsverfahren einleiten. Das Familiengericht muss dann die konkrete Ausgestaltung der Umgangsregelung und die Umgangszeiten festlegen. Das Familiengericht kann das Umgangsrecht eines Elternteils auch einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Entscheidungsmaßstab für Umgangsregelungen ist stets das Kindeswohl. Entscheidend für die konkrete Ausgestaltung der Umgangsregelung sind immer die Umstände des Einzelfalles.

Übliche Zeitintervalle für Umgangsregelungen sind Umgangswochenenden von freitags bis sonntags im zweiwöchigen Rhythmus sowie die Aufteilung von Ferienzeiten und Feiertagen unter den Elternteilen. Starre Regelung gibt es aber nicht, entscheidend ist auch das jeweilige Alter des Kindes.

Die Wünsche des Kindes werden in einem Gerichtsverfahren auch durch richterliche Anhörung und die Bestellung eines Verfahrensbeistandes, der ein neutraler Interessenvertreter des Kindes sein soll, in Erfahrung gebracht. 

9. Zugewinnausgleich und Vermögensauseinandersetzung

Haben die Eheleute während der Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, dann wird bei der Scheidung -bei entsprechender Geltendmachung- der während der Ehezeit erworbene Zugewinn ausgeglichen.

Der Zugewinnausgleich regelt somit den Ausgleich des während der Ehe von beiden Ehegatten erworbenen Vermögens.

Zur Berechnung eines möglichen Zugewinnausgleichsanspruches bedarf es der Ermittlung des jeweiligen Anfangs- und Endvermögens beider Eheleute. Anfangsvermögen ist das Vermögen, welches der jeweilige Ehegatte zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte. Der Berechnungsstichtag für die Ermittlung des Endvermögens der Ehegatten ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten durch das Gericht zugestellt wurde.

Den rechnerischen Zugewinn ermittelt man dann, indem man das Anfangsvermögen von dem Endvermögen abzieht.

Stellt sich bei den Zugewinnberechnungen heraus, dass einer der Ehegatten einen höheren Zugewinn erzielt hat, ist er bezüglich der Hälfte der Differenz ausgleichspflichtig. Die Zugewinnausgleichsforderung ist auf eine Geldzahlung gerichtet, nicht auf Übertragung einzelner Vermögenswerte.

Da die Eheleute häufig in vielfältiger Weise auch vermögensrechtlich miteinander verbunden sind (z. B. Miteigentum an Immobilien, gesamtschuldnerische Haftung aus Kreditverbindlichkeiten), bedarf es häufig neben der Durchführung des Zugewinnausgleiches auch einer Klärung und Auflösung der sonstigen vermögensrechtlichen Verbindungen. In der Praxis kommt hierbei der Auseinandersetzung von Miteigentumsverhältnissen an Immobilien eine besondere Bedeutung zu. 

10. Ehewohnung und Hausrat

Anlässlich von Trennung und dann Scheidung können auch Regelungen zur Ehewohnung und zum Hausrat erforderlich sein.

Sofern kein Einvernehmen der Eheleute über die Nutzung der Ehewohnung und die Hausratsteilung erzielt werden kann, kann ein Ehegatte die Nutzung der Ehewohnung und die Verteilung des Hausrates auch durch gerichtliche Entscheidung regeln lassen. Das Gericht kann hierbei eine Nutzungszuweisung der Ehewohnung aussprechen.

Praxisrelevant sind auch mögliche Probleme im Zusammenhang mit einem von den Eheleuten gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrag für die Ehewohnung. Die Pflichten aus dem Mietvertrag treffen nämlich auch weiterhin jenen Ehegatten, welcher anlässlich der Trennung die Ehewohnung verlassen hat und nicht mehr die Wohnung bewohnt. Die Nutzungsregelung bezüglich der Ehewohnung im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten entbindet nämlich nicht von den Pflichten aus dem Mietvertrag, es sei denn es erfolgt z. B. einvernehmlich mit dem Vermieter eine Änderung des Mietvertrages.

Steht die Ehewohnung im Miteigentum der Eheleute, so können auch Regelungen betreffend Zahlung oder Anrechnung von Nutzungsentschädigung erforderlich sein.

Hinsichtlich der Hausratsteilung sollten die Eheleute möglichst Einvernehmen erzielen, da ein gerichtliches Verfahren hierzu zeit- und kostenintensiv sein kann.

Anlässlich der Trennung können die Ehegatten voneinander die ihnen jeweils gehörenden Haushaltsgegenstände herausverlangen. Ein Ehegatte ist aber auch verpflichtet, auch eigene Gegenstände dem anderen zum Gebrauch zu überlassen, soweit dieser diese zur Führung eines eigenen Haushalts benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht. Es kommt dann auf die Abwägung an, welcher Ehegatte, unter Berücksichtigung der bei ihm im Haushalt lebenden Kinder, stärker auf die Nutzung des beanspruchten Haushaltsgegenstandes angewiesen ist. 

11. Regelungen durch vertragliche Vereinbarung

Ehegatten können in einem notariellen Ehevertrag oder anlässlich der Trennung bzw. Scheidung in einer notariellen Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung nahezu sämtliche Scheidungsfolgen regeln. Solche Vereinbarungen entlasten das Scheidungsverfahren von unnötigem, nicht zuletzt auch kostenintensiven Streitstoff und beschleunigen letztendlich damit auch das Verfahren.

Erforderlich ist hierbei aber unbedingt, dass die Interessen beider Seiten in einer solchen Vereinbarung gewahrt werden, was unbedingt die Einholung vorherigen anwaltlichen Rates voraussetzt.

Dies veranlasst daher zu dem ausdrücklichen Hinweis: Unterschreiben Sie nichts ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Anwältin oder Ihrem Anwalt und lassen Sie sich auf keinen Fall zu einem Verzicht auf Ihre Rechte drängen.

Einmal getroffene verbindliche vertragliche Vereinbarungen können nämlich nicht oder kaum nachträglich korrigiert werden! 

12. Schlusswort

Wie aus vorstehenden Ausführungen ersichtlich ist, müssen anlässlich von Trennung oder Scheidung vielschichtige Fragen geklärt und Entscheidungen getroffen werden. Hier ist anwaltlicher Rat und Unterstützung wichtig und notwendig. So kann es z. B. Fallkonstellationen geben, in denen es ratsam ist, bereits frühzeitig einen Scheidungsantrag zu stellen. Je nach persönlicher Situation kann es aber auch sinnvoll sein, den Scheidungsantrag noch hinauszuzögern.

Weiterhin ist auch gerade das Unterhaltsrecht ein vielschichtiges und gerade aufgrund häufiger Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderungen außerordentlich dynamisches Rechtsgebiet.

Auch was die Berechnung von Zugewinn- und Vermögensauseinandersetzungsansprüchen anbelangt, bedarf es qualifizierter Kenntnis der Gesetzes- und Rechtsprechungslage.

Eine anwaltliche Beratung und Vertretung zur Regelung familienrechtlicher Angelegenheiten ist daher aufgrund der Bedeutung und Auswirkung der zu treffenden Regelungen stets zu empfehlen.

Herausgeber:

Kanzlei Dr. Hamm & Scherer 
Rechtsanwälte in Gelnhausen
Rechtsanwältin Dagmar Maier-Fuchs
(Fachanwältin für Familienrecht)

Gelnhausen, im Dezember 2016
Rechtsanwältin Dagmar Maier-Fuchs